Grüne Tüftler aus Wolfenbüttel

Dieser Artikel ist in der DEGA Galabau, Ausgabe 08/2020 erschienen

Er ist ein Tüftler. Landschaftsgärtner mit Maschinenbau-Hintergrund oder Maschinenbauer mit Landschaftsgärtner-Ausbildung – Matthias Roßberg, Unternehmer in Wolfenbüttel, verbindet in seinem Betrieb beide Welten, zum Beispiel mit seinen solaren Sichtschutzelementen.

Für Matthias Roßberg hat sich vor 10 Jahren etwas verändert. „Damals hat- te ich aus ungeklärter Ursache mehrere Herzstillstände und bekam einen Herzschrittmacher“, erzählt der heute 56-Jährige. Er nahm sich Zeit, um darüber nachzudenken, was ihm wichtig ist – und beschloss, positive Veränderungen im technischen wie gesellschaftlichen Be- reich voranzutreiben. „Ich habe bei Zeiss im Werkzeugbau gelernt und Maschinen- bau studiert, mich hat aber auch der grüne Bereich interessiert. Die Ausbildung als Landschaftsgärtner war Anlass, vor 24 Jahren mit Roßberg Garten- und Landschaftsbau einen Betrieb zu gründen, der meinen Idealen entsprach.“ Was blieb, war der Spaß am Erfinden und Entwickeln.

Nach den diversen Krankenhausaufenthalten begann sich Roßberg intensiv mit Solartechnik und Warmluftkollektoren zu befassen. Sonne, Wärme, Luft – all das gibt es im Garten, während im Haus frische und je nach Jahreszeit kühle oder warme Luft benötigt werden. Warum nicht das, was im Inneren des Hauses benötigt wird, im Garten energiesparend und nachhaltig erzeugen? In seiner Werkstatt entwickelte Rossberg ein Sichtschutzelement mit Warmluftkollektor. Luft im Kollektor wird von der Sonne erwärmt, zur Rückwand geleitet und mit einem Ventilator ins Haus geführt.

Roßberg ist leidenschaftlicher Erfinder, der gerne dort Lösungen sucht, wo andere Probleme sehen. Die Optimierung der Solarelemente, aber auch die Realisierung anderer grüner und nachhaltiger Ideen nimmt Zeit in Anspruch. „Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich wieder das tue, was ich nicht mehr wollte: 14 Stunden arbeiten“, erinnert er sich. Als 2015 Sebastian Glatter in die Geschäftsführung des GaLaBau-Betriebs einstieg, blieb wieder etwas mehr Zeit für die technischen Entwicklungen im Garten. Die erste Wärmewand errichtete Roßberg auf dem Betriebsgelände und versorgte den Keller des Bürogebäudes von September bis April mit vorgewärmter Frischluft – ein Gebäudekonzept, für das der Betrieb von der Regionalen Energieagentur in Braunschweig beim Wettbewerb „Ressourceneffizienz für die Region 2018“ ausgezeichnet wurde.

Zu dieser Zeit gelang es dem Tüftler erfolgreich, das Büro nicht nur zu beheizen, sondern auch zu kühlen. „Vor dem Element ist es bei Sonnenschein wärmer als in dessen Schattenbereich. Dieser Temperaturunterschied lässt sich zur Gebäudekühlung nutzen. Die Kühlung erfolgt über bodennahe Luftschichten, die über Fotomodule in das Gebäude eingeleitet werden“, erklärt Roßberg. Und natürlich lässt sich mit entsprechenden Solarmodulen zusätzlich Strom erzeugen. So kann beispielsweise eine Pumpe für eine Wasserwand betrieben werden.

Bei aller Begeisterung für technische Lösungen verliert Matthias Roßberg den GaLaBau nicht aus den Augen. Im Gegenteil: Eine energieeffiziente Gestaltung und Pflanzung macht die solaren Sichtschutzelemente noch wirksamer. Wo ist Sonne zur Wärmeerzeugung nötig? Wo kann ich mit großen Pflanzen Schattenbereiche erzeugen, die die Gebäudekühlung unterstützen?

Dass möglichst nachhaltig und umwelt- schonend gebaut wird, ist für Roßberg schon seit der Firmengründung klar. „Wir vermeiden Kunststoff, wo es geht, wir reduzieren den Einbau von Rollrasen auf ein Minimum, wir verwenden Hölzer wie Douglasie, die in Deutschland erfolgreich angebaut werden“, zählt der Unternehmer einige Punkte auf. „So werden aus den Gärten kleine Überlebenszonen, die für die kommenden Generationen so wichtig sind. Wie die Zukunft der Firma aussehen kann, erzählt der Unternehmer im Interview.

PARTNER GESUCHT

Herr Roßberg, Sie haben mit den solaren Sichtschutzwänden eine Möglichkeit entwickelt, um vom Garten aus Kellerräume und Häuser klimafreundlich und energiesparend zu heizen und zu kühlen. Stellen Sie diese Technologie auch anderen GaLaBau-Betrieben zur Verfügung?

Wer Interesse hat, kann unser Modell 3D- Solar Plus erwerben, mit dem sich beispiels- weise der Wintergarten oder Keller mit Warm- und Frischluft versorgen lässt. Bei umfangreichen Projekten haben wir uns bisher allerdings auf unser lokales Umfeld begrenzt.

Könnte eine Vision sein, dass es zukünftig von Roßberg geschulte Landschaftsgärtner gibt, die nach dem Prinzip der solaren Synergien Gärten gestalten, auch über die Region hinaus?

Das ist durchaus denkbar und wünschenswert. Ich entwickle und patentiere auch andere Bereiche des Gebäudekonzepts, sodass dies über mehrere Disziplinen möglich ist.

Werden Sie nun zum Hersteller von solaren Sichtschutzwänden?

Ich hatte darüber nachgedacht, möchte jetzt aber einen anderen Weg gehen und die Marke rossberg im solaren und nachhaltigen Kontext weiterentwickeln. So kann eine Wirtschaftsgemeinschaft aus mehreren Firmen unter dem Markenhaus rossberg entstehen, mit Unternehmen, die unsere Marke nutzen wollen und Produkte des Markenhauses herstellen oder einbauen. Darüber hinaus auch Hersteller, die zu unserer Philosophie „Gutes Klima drinnen und draußen“ passen. Vorstellbar sind hier Wintergarten- und Fensterbauer, Markisen-, Solar- und Lüftungshersteller und Betriebe, die im Bereich nachhaltiger Klimatechnik tätig sein wollen.

Jede Menge Ideen

Matthias Roßberg ist unermüdlich, wenn es um Ideen geht, die die Welt ein bisschen besser machen. Neben den solaren Sichtschutzelementen für den Garten hat er weitere Erfindungen gemacht.

Mobile Notunterkünfte: So brachte ihn die Situation von Menschen in Flüchtlingslagern dazu, eine mobile Notunterkunft zu entwickeln, die vom Flugzeug aus abgeworfen werden kann. Damit könnte auch in Kriegsgebieten und nach Naturkatastrophen dort geholfen werden, wo Flugzeuge nicht landen können. Die Häuser sind im Baukastenprinzip aufgebaut und bieten Platz für acht Personen.

Baumgeschosse: Permafrostböden tauen auf, Berghänge rutschen ab, wo einst üppiger Regenwald wuchs, sind die Böden aufgrund intensiver Nutzung so ausgelaugt, dass kein neuer Wald mehr wächst. Bäume schnell und effektiv pflanzen, auch in unzugänglichen Gebieten, und sie mit allem versorgen, was die Pflanze zum Überleben braucht – das war der Grundgedanke bei seinen Baumgeschossen. Die mathematische Basis des Unterfangens liefert die Ballistik. Eine 2016 aus 15 m aus dem Hubsteiger „abgeschossene“ Säulen-Eibe wächst und gedeiht immer noch auf dem Wolfenbütteler Betriebsgelände.

Feinstaubfilter: Filtern statt verbieten – das ist für Roßberg die Lösung, wenn es um Diesel-Abgase und Feinstaub geht. Mit sieben Diesel-Fahrzeugen im Betrieb hat er ein großes Interesse daran, dass es keine Fahrverbote gibt. Kurzerhand entwickelte er einen Feinstaub-Filter für Diesel-Motoren, der in die Stoßstange des Fahrzeugs eingebaut wird. Das Prinzip, die Abgase, die aus dem Auspuff kommen, noch intensiver zu reinigen, funktioniert auch bei Benzin-Fahrzeugen.