Das System ist klimaneutral und soll in Kürze an einer Schule erprobt werden.

Wolfenbüttel. Heizen, Lüften und Kühlen sind die größten Energiefresser im Bereich der Gebäudetechnik. Der Wolfenbütteler Tüftler und Unternehmer Matthias Roßberg hat eine Lösung entwickelt, die sich bei Sanierungen leicht in Gebäude integrieren lässt und sich vollständig selbst mit Solarenergie versorgt – und sich auf diese Weise sogar automatisiert. Ein Pilotprojekt mit dem „Rossberg Sinus G1“, wie der Erfinder sein System nennt, befindet sich aktuell für fünf Klassenzimmer einer Schule in Peine in Prüfung – und wäre auch für Schulen in Wolfenbüttel sofort auslieferbar, wie Roßberg einlädt.
Der Pressetermin ist für den Wolfenbütteler Unternehmer Matthias Roßberg mehr als eine Werbeaktion. Da gerade im Bereich der Heizung und Kühlung viele vermeintliche Innovationen gepriesen werden und später am Markt verpuffen, sind Fachleute aus den Bereichen Technik und Physik eingeladen, die Roßbergs Erfindung unterstützen. Jörg Zipp, Elektromeister mit Jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich Solartechnik, will sein Haus sogar selbst damit ausstatten: „Die solare Lösung überzeugt mich, weil sie wirksam, wirtschaftlich und klimaneutral ist“, so der Elektromeister. Auch die schnelle Planung habe ihn überzeugt: „Das hat eine halbe Stunde gedauert. Mehr braucht es nicht.“
Kern des Systems sind die sogenannten „Vakuumschubladen“, die im Zuge einer Gebäudesanierung ober- und Unterhalb von Türen und Fenstern installiert werden. Diese Schubladen sind mit Lüftern ausgestattet, welche die Luft oberhalb der Fenster aus dem Raum ins freie ziehen. Durch das entstehende Vakuum fließt frische Luft von außen nach. Das Fenster kann nach wie vor genutzt werden. Durch die Schubladen ist man aber sicher vor Insekten und Einbrechern.

Die Sonne steuert die Kühlung

Roßberg hat zur Veranschaulichung ein Papiermodell eines Hauses vor Ort, welches den Kühleffekt durch diese Technik bei Installation auf mehreren Gebäudeseiten erklärt. „Im Schatten ist es für gewöhnlich etwa drei Grad kälter als in der Sonne“, setzt Roßberg an und deutet auf die verschattete Seite des Modellhauses. „Wenn die Solarmodule auf der Sonnenseite Energie produzieren, blasen sie die warme Luft in Richtung der Sonnenseite aus dem Gebäude. Kühle Luft von der Schattenseite fließt nach.“ Um eine Abkühlung um mehrere Grad Celsius für ein ganzes Gebäude im Sommer zu bewirken, würden herkömmliche Klimaanlagen mehrere Kilowattstunden Strom pro Tag verbrauchen – und dabei auch keine frische Luft zuführen.
Der modulare Aufbau der Vakuumschubladen erlaubt dabei noch Erweiterungen wie Wärmerückführung für die Abluft, um im Winter weniger Energie nach draußen zu verlieren, die Unterbringung von Batterien, die den Solarstrom für die Nacht speichern, sowie das Vorwärmen der Luft mittels Heizregistern und das entfeuchten mit Peltierelementen. „Das ist gerade in den Tropennächten mit hoher Luftfeuchtigkeit wichtig“, hebt der Erfinder hervor. Mithilfe der ebenfalls durch Roßberg erfundenen Wärmewände lässt sich alles in allem eine vollständige CO2-neutrale Klimatisierung ermöglichen. „Es ist das, was dem Passivhaus noch gefehlt hat“, so Roßberg stolz.

Für die Wärmewände wurde Roßberg 2018 bereits prämiert. Das Patentverfahren für das System Roßberg-Sinus G1 läuft aktuell. Matthias Roßberg verfügt durch Ausbildung und Beruf über Erfahrungen in den Bereichen Garten- und Maschinenbau: „Ich versuche, das Beste aus diesen beiden Welten zu vereinen.“ Wichtig sei ihm dabei auch, dass seine Kunden ihre Bestandsanlagen integrieren können. „Alles ist modular. Man ist der Technik nicht ausgeliefert und bleibt bei den Einbauten Herstellerunabhängig“, erklärt Roßberg weiter.

„Eine bessere Welt aufbauen“

„Wir sind gleichermaßen gefragt, eine bessere Welt aufzubauen“, antwortet Roßberg auf die Frage seiner Motivation. Nach mehrmaligen Herzstillständen habe er sich der Aufgabe verschrieben, nicht nur für seine Familie, sondern auch für die Gesellschaft Zukunftslösungen anzubieten. Bekannt ist er unter anderem für Projekte wie „Bäume pflanzen aus der Luft“ zum Klimagipfel 2016, seinen Auftritt in der Ausstellung „Made in Wolfenbüttel“ und dem Projekt „Yellow Camp“, welches über aus der Luft abwerfbare modulare Häuser Menschen in Krisengebieten schnell zu Unterkunft, Nahrung und Wasser verhelfen soll.
Matthias Roßberg sucht nun Investoren, um seine Erfindungen rund um solares Lüften, Heizen und Kühlen zu vermarkten. Wichtig ist ihm dabei Transparenz – alle Baupläne und Berechnungen können eingesehen werden. „Aktuell habe ich mehrere Anfragen wegen der Wärmewände abzuarbeiten. Drei weitere Anfragen drehen sich um das Roßberg-Sinus-System. Meinen Firmenstandort am Neuen Weg 79A habe ich seit sechs Jahren mit diesen Systemen eingerichtet und erprobt. Schauen Sie es sich an“, lädt der Wolfenbütteler Erfinder und Unternehmer abschließend ein.

Matthias Roßberg öffnet eine Vakuumschublade am Modell in seiner Garage.

Die Zeichnung veranschaulicht das Konzept – „schlechte“ Luft raus, „gute“ Luft rein.